H.
heute zu mir, in einer Laune, die man nur als heiter
bezeichnen kann: Er habe sich in der vollen U-Bahn auf einen der
wenigen freien Plätze gesetzt, nicht ohne vorher, wie immer, zu
überprüfen, ob sich auf der Sitzfläche Schmutz oder dergleichen
befinde. Nachdem er sich gesetzt habe, sei ihm ein ziemlich starker
Kotgeruch aufgefallen. Zwar habe er die Vorstellung, sich direkt in
einen Haufen Scheiße hineingesetzt zu haben, ziemlich schnell von
sich schütteln können, denn er hatte die Sitzfläche ja zuvor
eingehend in Augenschein genommen. Als ihn aber die Blicke einiger
Fahrgäste trafen (eine Frau zum Beispiel habe ihn etwas mitleidig
angelächelt, sehr zurückhaltend, ein Lächeln mit den Mundwinkeln
nur, dann habe ihr Blick den Bereich unter dem Sitz gestreift, auf
dem er saß), sei er mit einem Mal davon überzeugt gewesen, dass
sich unter seinem Sitz eine riesengroßer Haufen Scheiße befinden müsse. Er
habe gedacht, dass dies auch der Grund dafür gewesen sein müsse,
dass der Platz in der nahezu vollbesetzten Bahn frei geblieben war,
obwohl es sich um einen der beliebten, direkt neben der Tür
befindlichen Plätze gehandelt hätte. Es hätte ihn wenig gekostet,
einen prüfenden Blick unter den Sitz zu werfen, aber er habe
sich nicht getraut und sei stattdessen, er konnte es spüren,
errötet. Natürlich habe er, als er ausstieg, mit einem kurzen Blick
aus den Augenwinkeln feststellen können, dass sich nichts, aber auch rein gar nichts, unter seinem Sitz befunden hätte. Jemand hatte vielleicht einen Furz gelassen, Scheiße am Schuh zu kleben oder sich in die
Hosen gemacht, habe er gedacht (was wiederum weitere Fantasien in ihm
hervorgerufen habe) und er habe wohl lediglich
unter dem Unglück zu leiden gehabt, einen über die Maßen
empfindlichen Geruchssinn und eine pervertierte Einbildungskraft zu besitzen. Leider wollte H. die erwähnten
Fantasien nicht mit mir teilen. Warum erzählst du mir diese peinliche Geschichte, fragte ich H. H. erwiderte, er könne es nicht genau
sagen, aber er sei sich sicher, dass mir diese seine Geschichte eines
Tages Anlass dazu geben werde, ihm endlich auch etwas von mir zu
erzählen, das mich ähnlich erheitere wie ihn seine Geschichte in eben diesem Moment.